Corona hat nicht nur die Menschen, sondern auch deren Vierbeiner verändert.
In meiner langjährigen Tätigkeit als Verhaltenstherapeutin und Hundepsychologin begegnen mir in letzter Zeit vermehrt Hunde, die starke Verhaltensauffälligkeiten zeigen.
Dies beginnt mit starker Streßsymptomatik, die Hunde bleiben plötzlich nicht mehr alleine, sie reagieren reaktiv auf Artgenossen und/oder Menschen und/oder Radfahrern usw.
Andere zeigen Ängste, die vorher nicht erkennbar waren, z.B. gegenüber Menschen, Hunden, Geräuschen.
Ich höre von meinen Kunden sehr oft, dass ihr Hund sich ohne erkennbaren Grund verändert habe.
Im Lockdown wurden Hunde angeschafft, weil die Menschen durch die Umstellung auf Home Office mehr Zeit hatten.
Die Vierbeiner dienten als Sozialpartner, weil der Mensch sehr isoliert war. Man durfte als Hundehalter die Sperrstunde überschreiten und somit konnte man sich auch außerhalb der Wohnung ungehindert bewegen.
Da sehr viel Zeit zur Verfügung stand, teilweise in Familien die Kinder auch zuhause waren, kam der Vierbeiner natürlich nur schwer zur Ruhe. Nicht nur Unruhe in der Familie, sondern auch die Ängste und Unsicherheiten der Menschen tragen dazu bei, dass für die Hunde sich einiges verändert hat.
Ein Hund, der stabil ist, der eine gesunde, kompakte Bindung zu seinen Besitzern hat, kommt natürlich relativ gut damit zurecht, dass sich einiges verändert hat.
Ein Vierbeiner, der neu in eine Familie kommt, der vielleicht eine schwierige Vorgeschichte hat, der noch sehr instabil ist, hat damit große Probleme.
Normalerweise gehen die Leute mit einem „Neuhund“ in eine Hundeschule, das war aber in dieser Zeit leider nicht möglich. Da wurde dann in „schlauen“ Büchern gelesen, es gab Online-Training für Hundehalter und vieles mehr. Onlinetraining ist eine tolle Sache, wenn ein Hund keine Probleme hat. Bei einem „Andershund“ gestaltet sich dies meiner Meinung nach als unmöglich, denn ein solides Verhaltenstraining muss auf den jeweiligen Hund zugeschnitten sein und dazu müssen die Probleme erstmal erkannt werden.
Ein Beispiel aus meinen Therapiegruppen: (Name geändert)
Ich wurde angerufen, weil Bello an jedem Menschen hochspringt und in den Arm beißt. In einem Onlinetraining wurde den Besitzern geraten, mit Kommandos wie „Pfui“ den Hund zurückzuhalten und zu korrigieren. Fazit des Ganzen: viel Geld ausgegeben und kein Erfolg.
Nachdem wir Bello gefilmt und die Situationen beobachtet haben, wurde schnell klar, dass er extrem gestresst war, sobald die Wohnung verlassen wurde und wir haben nicht am Hochspringen-Problem gearbeitet, sondern an Streßminimierung. Das Ganze wurde auch von den Besitzern sehr gut umgesetzt und nach einiger Zeit war das Problem gelöst.
Ich möchte damit erklären, dass Verhaltensprobleme online kaum zu lösen sind, denn meistens ist das Problem unter dem gezeigten Verhalten verborgen.
Verhaltensprobleme zeigen sich oft in übermäßigem Bellen, Unruhe, angeblicher Agression gegenüber Artgenossen, vielfältigen Ängsten usw.
Wir als Menschen haben natürlich auch durch übermäßiges „Bemuttern“ des Vierbeiners dazu beigetragen, denn wir hatten ja genügend Zeit. Aber jeder Lockdown hat ja zum Glück mal ein Ende und es soll alles wieder normal laufen. Nur der Vierbeiner versteht das Ganze nicht und das führt zu einer Verstärkung der Problematik. Es wird vom Hund wieder mehr erwartet, was ihn enorm stresst und zu Übersprungshandlungen führen kann, die für den Hundehalter meist unverständlich sind.
Leider habe ich in dieser Zeit nicht nur einmal erlebt, dass Hunde, die plötzlich nicht mehr „funktionieren“, ins Tierheim abgegeben werden.
Soweit muss es aber nicht kommen. Mit der richtigen Verhaltenstherapie kann sowohl dem Hund als auch dem Hundehalter geholfen werden. Der Besitzer muss lernen, die Bedürfnisse seines Vierbeiners zu erkennen und seinen Hund lesen zu lernen. Das ist der erste Schritt auf dem richtigen Weg.
Sie können sich gerne bei Problemen an uns wenden.
Ich wünsche allen ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Blick für Ihren Vierbeiner.
Irene Hoffmann , zertifiz. Verhaltenstherapeutin und Hundepsychologin